Biber besetzen die Leinemasch

— English version below —

Pressemitteilung 24.08.23


Waldbesetzung Tümpeltown – Biber siedeln sich im Tümpel an
KIPPT DER BIBER JETZT NOCH DEN SCHNELLWEGAUSBAU?

Hannover – Die Waldbesetzung „Tümpeltown“, die sich seit fast einem Jahr erfolgreich einer Rodung der Leinemasch widersetzt, hat nun unerwartete Unterstützung erhalten: in dem namengebenden Tümpel haben sich zwei Biber angesiedelt und einen arttypisch unterirdischen Bau angelegt. Da die nach EU-Naturschutzrichtlinie streng geschützte Art in dieser sensiblen Phase der Fortpflanzung nicht gestört oder gar gefangen werden darf, wird dies eine erhebliche Komplikation, wenn nicht gar das Aus für den Schnellwegausbau bedeuten.

Bereits kurz nach Beginn der Besetzung im Oktober 2022 konnten wir Besetzer*innen immer wieder einen Biber im Tümpel und am Ufer beobachten und berichteten uns nahestehenden fachkundigen Personen davon. Das führte zu der Idee, in der Nähe des vermuteten Biberbaus sog. Wildkameras zu installieren, um die Tätigkeit der nachtaktiven Tiere mittels Infrarotaufnahmen zu dokumentieren. Tatsächlich konnten die aufgenommenen Filmszenen sehr schnell Gewissheit bringen, dass es sich sogar um zwei Biber handelt, die den Tümpel nicht nur zur Nahrungssuche nutzen: regelmäßig tauchten die Tiere an der immer gleichen Stelle unmittelbar vor dem Ufer ab. Deutliches Zeichen dafür, dass hier der Eingang eines Baus liegen muss. Biber graben bevorzugt eine Höhle in die Uferböschung, wobei der Eingang unter Wasser liegt, weil so ihren wenigen Fressfeinden, wie Fuchs, Uhu oder Seeadler, der Zugang verwehrt bleibt (die berühmten „Biberburgen“ aus Zweigen und Ästen sind eher eine Ausnahme).

Einer der Besetzer*innen, der sich „Wikinger“ nennt, beschreibt, wie es dann weiterging: „Anfangs dachten wir noch, es würde sich nur um einen einzelnen Biber handeln. Wir haben ihn übrigens Egon genannt. Dank der Aufnahmen wissen wir jetzt, dass es tatsächlich zwei sind: Egon & Gerda! Um den Schutz der Tiere sicherzustellen, haben wir schon sehr frühzeitig Kontakt zur Naturschutzorganisation NABU aufgenommen, für deren Unterstützung und Beratung wir uns herzlich bedanken.“

Der NABU Niedersachsen hat in diesen Tagen die Meldung „offiziell“ an die zuständige Untere Naturschutzbehörde gegeben, für die Region Hannover ist dies das Dezernat Umwelt, Klima, Planung und Bauen. „Das Pikante an der Sache“, berichtet Wikinger weiter, „ist ja, dass der Tümpel im Rahmen des Südschnellwegausbaus trocken gelegt werden sollte. Die Fläche war einerseits als Abstellplatz für Baumaschinen gedacht und andererseits würde der verbreiterte Damm – wenn es denn dazu kommt – bis ans jetzige Tümpelnordufer reichen. Vor der Trockenlegung müssten die Biber allerdings umgesiedelt werden, aber das ist laut EU-Recht verboten. Biber sind streng geschützt, sie stehen auf der Roten Liste.“

Was passiert nun mit dem Schnellwegausbau? Dazu Besetzer*in Belgrad: „Wir Tümpeltown-Besetzer*innen bereiten uns seit Wochen intensiv auf die bevorstehende Rodungssaison und eine drohende Räumung vor. Eins ist für uns ganz klar: Egon & Gerda, unsere Tümpeltown-Biber, haben sich hier gerade einen neuen Lebensraum geschaffen und diesen werden wir genauso vehement verteidigen wie unsere Baumhäuser, wenn es drauf ankommt. Wir erwarten aber, dass der Bund als Bauherrin und die Straßenbaubehörde als Ausführende des Schnellwegausbaus EU-Recht respektieren und die Finger von den Bibern und dem Tümpel lassen. Spätestens jetzt müssen Politik und Behörden umdenken: Mit einer Sanierung des Schnellwegs im Bestand und dem Verzicht auf die Verbreiterung, wie es auch die Aktivist*innen von LeinemaschBleibt und mit ihnen ein breites bürgerliches Bündnis fordern, wäre alles ganz einfach. Die Autos könnten fahren – es müssen sowieso deutlich weniger werden, damit Klimaziele erreicht werden können –, die wunderschöne Leinemasch bliebe erhalten und die Menschen hier könnten sich auch in Zukunft noch an Bibern erfreuen.“

Press release 24.08.2023

Forest occupation Tümpeltown – Beaver settle at the pond
Does the Beaver overturn the Südschnellweg expansion?

Hanover- The forest occupation „Tümpeltown“, which since almost a year successfully fights against a clearing in the „Leinemasch“ did now receive unexpected support: two beavers settled in the name giving pond and build a burrow typical for the species. Since this species is
marked as strictly protected by the EU-guideline for nature protection, they can not be disturbed or even catched. This is going to be a significant complication, if not the end for the expansion of the „Südschnellweg“.

Shortly after the start of the occupation in October 2022, we occupants could repeatedly observe a beaver in the pond and on the shore of it and told competend persons, who are close to us, about it.
That lead to the idea to install camera traps near to the assumed burrow, to document the activity of the nocturnal animals through infrared images. The recorded video scenes actually brought certainty very quickly, that there were even two beavers, that do not only use the pond for the search of food. The animals regularly submerged at the same place directly at the shore. A distinct sign, that the entrance of a burrowis there. Beavers preferably dig a den in the embankment, where the entrance lies underwater, because in this way the few natural enemies, like the fox, the eagle owl or the white-tailed eagle are prohibited from entering ( the famous beavers lodges made with sticks and branches are rather the exception).

One activist/forest occupant called “Wikinger”, describes, how this proceeded: “In the beginning we thought that there was one singular beaver. We named the beaver Egon by the way. Thanks to the recordings we now know, that there are actually two of them: Egon & Gerda! To ensure the safety of the animals, we contacted the nature protection organisation NABU early on, which we thank for their support and advising.”

NABU Niedersachsen handed the announcement to the responsible lower nature conservation authority, which for Hanover is the department of environment, climate, planning and building. “The piquancy of the matter” , Wikinger goes on to tell, “is, that the pond is supposed to get dryed as part of the “Schnellweg” expansion. On the one hand the area was intended as parking place for construction machines and on the other hand the broadened dam – when it comes to that – would reach all the way to the north shore of the pond. Before the drying, the beaver would have to be relocated, but this is prohibited by EU-Law. Beavers are heavily protected, they are on the red list.”

What happens now with the expansion of the “Südschnellweg”? Occupant Belgrad says:” We Tümpeltown Occupents intensely prepare ourselves for the upcoming clearing season and the threat of a clearing. One thing is clear for us: Egon & Gerda, our Tümpeltown Beavers, have currently created a new habitat here and if needed we will defend it as
vehemently as our tree houses. But we expect that the “Bund” as head of construction and the agency for street building as the executing one of the “Schnellweg” expansion respect EU-laws and leave the beavers and the pond alone. At the latest Politics and government agencies have to rethink now: With a renovation/reconstruction and by quitting the expansion, as activists from LeinemaschBleibt and with them a brought civil alliance demand it, everything would be really easy. The cars could drive – they would have to get much less anyway, to make sure that climate goals can be reached-, the beautiful Leinemasch would survive and the people here could still enjoy the beavers in the future!

Kaffee & Kuchen in Tümpeltown

Wir sind Menschen der lokalen Waldbesetzung, die einen Raum geschaffen haben, der sowohl Protest für eine sozial und klimagerechte Mobilitätswende als auch eine aktiv gelebte Utopie eines hierarchiearmen und solidarischen Zusammenlebens ist. Das wollen wir mit euch teilen und laden euch zu Kaffee und Kuchen ein, wollen euch einen Einblick in unsere Motivation bieten und freuen uns auf offene Gespräche. Jeden Sonntag um 15:30 ab dem 20.08. bis zum 01.10. (Großdemo und Beginn der Rodungssaison). Wir würden uns wünschen, wenn jede*r eine Kleinigkeit mitbringt (bitte vegan).

Warum wir vermummt sind

Als Aktivist*innen stehen wir im Fokus staatlicher Repressionen. Deshalb vermummen wir uns zum Schutz unserer Identitäten und nicht um abschreckend auszusehen. Unter unser Vermummung lächeln wir. 🙂

Wir freuen uns auf euch!

Eure Besetzung Tümpeltown

Coffee & Cake in Tümpeltown

We are people of the local forest occupation, who have created a space that is both a protest for a socially and climate-friendly mobility transition as well as an actively lived utopia of a low hierarchy and solidary living together. We want to share this with you and invite you to coffee and cake, offer you an insight into our motivation and look forward to open discussions. Every Sunday at 15:30 from 20.08. until 01.10. (big demo and beginning of the clearing season). We would like everyone to bring a little something (vegan please).

Why we are hooded

As activists we are targets of state repression. That’s why we are masked to protect our identities and not to look scary. Under our hoods we smile. 🙂

We are looking forward to you!

Your Tümpeltown

„Geht mal arbeiten!!“

Unter all dem Gepöbel, was mensch als Aktivist*in immer mal wieder zu hören oder zu lesen bekommt, taucht diese plumpe Aufforderung auf: „Geht mal arbeiten!“. Je öfter und je länger ich darüber nachdenke, desto weniger verstehe ich sie.

Arbeite ich nicht? Sei es eine Waldbesetzung, andere aktivistische Arbeit oder ganz zu Schweigen von Care Arbeit wie Putzen, Kochen usw. – das alles ist zweifelsohne Arbeit. Nur wird diese nicht bezahlt und wird deshalb in diesen kapitalistischen Verhältnissen unsichtbar gemacht und abgewertet.

Aber wer brüllt denn da „Geht mal arbeiten!“? Das Jobcenter ist es wohl eher nicht sondern vielmehr Menschen, die einer Lohnarbeit nachgehen. Warum interessiert es diese Menschen, was ich mache? Warum treten diese Menschen gemäß der Doktrin des Kapitalismus nach unten (wo sie mich zumindest verorten würden) statt über sich zu den Ausbeuter*innen blicken? Ausgebeutet werden, konsumieren, sterben – ist das wirklich ein erstrebenswerter Lebensentwurf? Glauben diese Menschen kleine Kapitalist*innen zu sein obwohl sie lohnarbeiten? Was ist das für ein Klassenbewusstsein? Ein einziges Prozent der Weltbevölkerung besitzen mehr als die übrigen 99 Prozent zusammen. Glaubt noch irgendwer die ganzen Lügen wie „American Dream“ oder „Trickle Down Effect“?

Oder wird der ganze Frust und die ganze Wut, die durch die menschenfeindliche System hervorgerufen wird, an der Stelle auf Aktivist*innen, die dem zu entfliehen versuchen, projiziert? Ich für meinen Teil habe nach Jahren der Lohnarbeit/Ausbeutung beschlossen nicht mehr für sondern gegen dieses tödliche kapitalistische System zu arbeiten. Ich möchte mich nicht kaputt machen lassen für die Profite weniger, ich möchte keine Steuern zahlen für diese klimaterroristische Politik, Cops, AfD, Frontex usw… Ich möchte frei sein. Ich möchte arbeiten, aber für eine besserere Welt. Mir ist bewusst, dass dieser Weg ein Privileg ist, dass nicht alle haben, aber Privilegien sind auch dazu da um sinnvoll genutzt zu werden und das möchte ich versuchen so gut ich nur kann.

Ich träume von einer Welt in der wir solidarisch zusammenleben. Frei von Leistungszwang, Verwertungslogik, Eigentum und Geld bzw. Tausch-Logik. Jede*r bringt sich nach individuellen Fähigkeiten und Interessen ein. Jede*r erhält, was individuell benötigt wird. Eine Gesellschaft, die Kapitalismus, Staaten, Patriarchat, Herrschaft, Rassismus und etwaigen Diskriminierungsformen befreit ist, das ist mein Traum.

In diesem Sinne: Lasst mal arbeiten gehen! Gegen diese kapitalistische Dystopie für eine bessere Welt! Und das gerne gemeinsam Hand in Hand statt gegeneinander…